Gisela unnd Walther


Den verstreuten und dennoch wie üblich exakt datierten »Entwürffen« können wir entnehmen, daß der Plan, den alten, auf Boccaccio zurückgehenden und bald auch von Petrarca behandelten Griselda-Stoff ins Thüringische zu verlegen, Blasius von Manstedten schon seit Anfang der 1720er Jahre beschäftigt hat. Tatsächlich müssen wir in der dramatischen Ausgestaltung des Sujets eine künstlerische Hauptaufgabe des Dichters erkennen. Gegenüber dem flüssig und rasch aufs Papier und zum Selbstverlag gebrachten Schäferspiel »Friedrich unnd Gerlinde« sehen wir hier das Zusammenwachsen zahlloser Einzelstücke, zu denen überdies eine Reihe in sich abgeschlossener Werke – etwa der »Lobgesang auf die Größe des HErrn« oder auch das »Loblied beim Aufgang der hellen Sonnen« – hinzutreten, um an geeigneten Stellen die Handlung gewissermaßen meditativ aufzuhalten. Und es ist wohl nicht verfehlt anzunehmen, daß Blasius von Manstedten das umfangreiche Drama zunächst als Opernlibretto [1] begonnen hat: Die Einbeziehung einiger Eigenkompositionen könnte noch als modischer Tribut verstanden werden; der in mehreren Akten auftretende Chor hingegen sowie die in den Skizzen vermerkten Hinweise »Aria«, »“Duetto« usw. lassen keinen Zweifel an der ursprünglichen Absicht des Verfassers übrig.