Friedrich unnd Gerlinde

Schon in den frühen Kindheits- und Jugendjahren scheint sich bei Blasius von Manstedten ein erheblicher Nachahmungseifer gezeigt zu haben. Beispiele dafür finden sich sowohl in seinen Erinnerungen als auch in vielen seiner literarischen, insbesondere seiner dramatischen Arbeiten. Die These, daß er alles, was ihm durch Lektüre, mündliche Unterweisung (hier insbesondere: durch seinen Hauslehrer Matthiesen) oder auch durch Hörensagen begegnete, hat er ganz offensichtlich als direkten Anstoß zu eigenem Schaffen genutzt. Wie etwa das 1695 tatsächlich in Druck gegebene Schäferspiel von Friedrich und Gerlinde, dem, so weit wir das derzeit ersehen können, nichts mehr oder weniger zu Grunde lag als die Erzählungen aus Arkadien, »darmit mich der liebreiche Mattißen kraftvoll unnd munter aufs Leben vorbereit mir zugleich von den frevlichten Faunen und dern wilden Gelüßten berichtet wie auch mannigfach darob geredt, wie solch elende Kreaturn doch immerfort im Theater zur Lußtbarkeyth selbst höfiche Edlen gezeiget, weßhalben mir schon frühe fortgesetzet, solches zum tödtlichen Ausgang des Übelthäters zu wenden, ihn schändlichst in die Fluthen zu werffen unnd denen, wo der Beleehrung zugethan, zum schröcklichen Muster vorzuzeigen« (NB: sehr oft finden wir im Schrifttum Blasii Sätze wie diesen, die bei grammatikalischer Überlänge gegen Ende hin um sich selbst kreisend plötzlich ohne ersichtlichen Schluß belassen sind).

Die zitierte »Vorschrifft« hätten anscheinend dem Druck beigegeben werden sollen. Warum das letztlich unterblieb, ist bis heute nicht zu erurieren. Wir müssen indes dankbar sein, durch das einzige Werk, das Blasius je (und auch nur auf eigene Kosten) herausgegeben hat, etwas vom unbändigen theatralischen Eiffer namentlich des jungen Mannes zu erfahren, der lange am Konzept dieses Schäferspiels gesessen hat und sich sogar – nachdem auch Frau Musica sich in ihm breit gemacht hatte – ernsthaft mit dem Gedanken spielte, »mein geliebtes Schäfferspiel derart zu componirn, daß bis Leipzich und Dresden von dem geredt sullt seyn«. Entwürfe haben wir entdeckt, voll ausgeführte Musikalien hierzu jedoch bislang vergebens gesucht (daß der Schlußchoral gesungen wurde, versteht sich: Blasius von Manstedten gibt die Melodie selbst vor).

Fest steht des weiteren, daß Friedrich und Gerlinde in mehr oder minder gesprochener Form tatsächlich aufgeführt wurden. Über die näheren Umstände wird sich demnächst mein geschätzter Kollege und Mitentdecker Gabriel Pfauth ausführlich äußern, und, wie er mir jüngst versicherte, »desto lieber, als ich bei meinen diesbezüglichen Recherchen ganz unzweifelhaft das alte Gemäuer entdeckt habe, das den Lebensmittelpunkt unseres Helden darstellt«. Wir dürfen gespannt sein.

Das Schäferspiel geben wir nachfolgend in denselben Kleinstszenen, die der Autor des Stückes selbst mppa. an den Rand seines Handexemplars #15 markiert hat –
vermutlich, um sich selbst für die Aufführung (und geplante Vertonung) Hinweise auf Auftritte und Abgänge zu geben.

Eintritt der Unhold
Die liebliche Gerlinde
Der lauernde Unhold
Hefftiges Ringen zu Zweien
Des Liebsten Zweiffel und schmerzhaffte That
Das wilde Thier obsieget schier
Friedrichs tapffrer Ansturm
Der Unhold erspähet den Feind
Der Gerlinden Liebes=Leid

Lamentatio prima
Lamentatio secunda
Lamentatio tertia

Trosthaffter Auszug
Zum frommen Beschluß